Pädagogische Argumente gegen neue Sexualkunde


In letzter Zeit wurde in den Medien und in den Parteien immer wieder ein Thema diskutiert: Sexualkunde im Kindergarten oder Schule. Hier möchte ich euch nicht parteipolitische Argumente gegen Sexualkunde Unterricht (unter anderem auch Sex-Koffer) aufzeigen, sondern pädagogische.

Ich habe die Lehre als «Fachmann Betreuung: Kinderbetreuung» gemacht und die Kinder liegen mir sehr am Herzen.

Die Kinder fragen, wenn sie etwas wissen wollen. Dazu möchte ich eine sehr wichtige Person in der Pädagogik zitieren, nämlich Maria Montessori:
«In Wirklichkeit trägt das Kind den Schlüssel zu seinem rätselhaften individuellen Dasein von allem Anfang in sich. Es verfügt über einen inneren Bauplan der Seele und über vorbestimmte Richtlinien für seine Entwicklung. Das alles aber ist zunächst äusserst zart und empfindlich, und ein unzeitgemäßes Eingreifen des Erwachsenen mit seinem Willen und seinen übertriebenen Vorstellungen von der eigenen Machtvollkommenheit kann jenen Bauplan zerstören oder seine Verwirklichung in falsche Bahnen lenken.»

Die Pädagogik von Maria Montessori ist schnell erklärt. Sie sagte, dass die Kinder selber wissen, wann es für sie Zeit ist, sich mit etwas zu befassen und wann nicht. Deswegen ist es in den Montessori Kindergärten so, dass sich die Kinder selber aussuchen dürfen, was sie lernen möchten und was nicht. Die Erwachsenen sind auch nicht zum Lehren da, sondern als Unterstützung. Bei Montessori gilt die Aufforderung der Kinder: «Hilf mir, es selbst zu tun».

Hier noch die «ganze» Aufforderung als Zitat von Montessori:
«Hilf mir, es selbst zu tun. Zeige mir, wie es geht. Tu es nicht für mich. Ich kann und will es allein tun. Hab Geduld meine Wege zu begreifen. Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche machen will. Mute mir Fehler und Anstrengung zu, denn daraus kann ich lernen.»

Ich verstehe nicht, wieso man die Kinder zwingen will, sich mit Sexualität zu befassen! Nur weil wir denken, dass die Kinder denken könnten, dass es sie interessiert? Oder einfach weil wir eine sexgeile Gesellschaft haben, die in den Medien und in der Werbung mit erotischen Bildern auf Kundenfang gehen und so ihr tägliches Brot verdienen? Ich möchte Euch hier ein passendes Zitat von Carl Gustav Jung nicht vorenthalten:
«Wenn wir an einem Kind etwas ändern wollen, sollten wir zuerst prüfen, ob es sich nicht um etwas handelt, das wir an uns ändern müssen.»

In meiner Ausbildung und auch bei meiner Arbeit mit Kindern habe ich gelernt, dass Kinder Fragen stellen, wenn es sie interessiert und wenn sie etwas genau wissen möchten. Ich arbeite in einem Tagesheim, das die Kinder von morgens bis abends (oder Teilzeit) begleitet und die Kinder eine Atmosphäre haben, in der sie sich austoben, bewegen, spielen und sonstige Sachen machen können, die sie gerne machen. In einem Tagesheim haben wir ähnliche Strukturen wie zu Hause. Die Kinder essen, schlafen (Mittagsschlaf) und spielen bei uns. Während dieser Zeit haben wir Zeit uns mit den Kindern auseinander zu setzen und die Kinder je nach Defizit oder Stärke zu fördern und auf ihre Bedürfnisse einzugehen.

Wir nehmen alle Kinder als Individuen wahr und beobachten die Kinder gezielt im Alltag. Nur dadurch können wir erfahren, welche Themen die Kinder beschäftigen und ob sie ein gesteigertes Interesse haben, diese Themen im Spiel aufzuarbeiten. Es gibt saisonale, regionale und alltägliche Themen. Zum Beispiel gehört Fasnacht in die regionale und saisonale Kategorie. Die Kinder spielen vor, während und nach der Fasnacht «Waggis si», «Guggemusik spiele» oder auch «Latärne amole» nur um einige Beispiele zu nennen. Zu den alltäglichen Themen gehören «Einkaufen», «Buschi im Buuch», «Schule», «Putzen», usw. Die Themen werden mit Rollenspielen, Zeichnungen oder auch Bücher anschauen vertieft.

Auch kritische Themen, wie eben die Sexualität, interessieren die Kinder im Tagesheim-Alltag. In meiner Arbeit konnte ich immer wieder erleben, dass Kinder nicht alles bis ins Detail wissen möchten, sondern nur so viel wie sie kognitiv und emotional auch verarbeiten können. Es reichte unter anderem aus, wenn man auf die Frage «Wie kam das Baby in Mutters Bauch?» einfach antwortet «In dem deine Eltern mit einander schliefen» (Antwort für ca. dreijähriges Kind). Mehr möchte/kann das Kind gar nicht wissen oder verarbeiten. Für ältere Kinder braucht man eher Bücher, welche die Schwangerschaft behandeln und in comichaften Zeichnungen verschiedenes illustriert ist, so zum Beispiel auch die Spermien, Genitalien und auch die Geburt oder der Fötus im Bauch. Solche Bücher liegen nicht für alle einfach so herum, sondern werden nur auf Aufforderung der Kinder heraus genommen, mit ihnen angeschaut und erklärt. Im Betrieb wurde nicht aufgeklärt sondern es wurde nur auf Fragen, dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes entsprechend, geantwortet. Die bewusste Aufklärung ist Sache der Eltern.

Im Sexkoffer gibt es auch eine Vagina und einen Penis. Seien wir doch ehrlich, Kinder wissen schon, dass Männer und Frauen verschieden auf die Welt kommen. Brauchen wir künstliche Materialien, wenn die Kinder selbständig «Döktörlen» können? Die Kinder sehen bei ihren Eltern schon eine Vagina oder einen Penis, ich kenne wohl keine Eltern, die nicht nackt vor ihren Kindern gestanden sind.

Im Artikel vorher erwähnte ich ein zehnjähriges Kind. Als meine Verlobte und ich ihn mal gefragt haben, was sie den in Sexualkunde gelernt haben, wollte er uns nicht antworten und wurde ganz rot. Danach haben wir ihn gefragt, wie er den Sexualkunde-Unterricht findet und er antwortete, dass es «Sch**sse» sei und er eigentlich nicht hingehen möchte. Dies wiederum hat mir gezeigt, dass es sogar einem Zehnjährigen zu viel ist. Wir konnten von ihm erfahren, dass er wusste was Sex ist und was für Folgen (Kinder kriegen) Sex haben kann, aber er es sich nicht wirklich im Detail vorstellen möchte und auch nicht immer wieder daran erinnert werden möchte.

Deswegen bin ich gegen Sexualkunde im Unterricht, sei es in der Schule oder im Kindergarten.

Leserbrief von Mahmut Yasar,
Hölstein BL


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